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Die Methode dazu: "Hebammenkunst" (in Anlehnung an Sokrates) Bilderbücher vorzulesen oder zu erzählen ist meine Leidenschaft, und zum Glück lieben es auch unsere Enkel. Doch manchmal kommt es vor, dass sie nach einer Geschichte gleich die nächste hören möchten - etwa so, wie es wohl auch Eltern bei den Gutenacht-Geschichten hie und da erleben (und Hand aufs Herz: beim Serien "reinziehen" vor dem Fernseher geht es uns doch oft auch so, oder etwa nicht?). Dagegen ist sicherlich nichts einzuwenden, doch manchmal ist es auch ein wenig schade, denn gerade in der Zeit vor dem Einschlafen lassen sich Kinder gern auf allerlei Gedankenspiele ein. Zum Philosophieren anhand von Kinderbüchern hilft es, wenn wir ein bisschen Hebamme spielen für die Gedanken und Ideen der Kinder, indem wir uns Fragen ausdenken, die den Kindern helfen sollen, ihre eigenen Antworten zu finden. So hatte es einst der griechische Philosoph Sokrates getan, indem er davon ausging, dass wir viel mehr Wissen in uns tragen, als wir gemeinhin annehmen. Geschicktes Fragen helfe, dieses unbewusste Wissen zu gebären. Hebammenkunst - Mäeutik - nannte er seine Methode nach dem Beruf seiner Mutter, die eine Hebamme gewesen war. Die meisten von uns wissen, dass man Kindern ziemlich einfach Antworten entlocken kann, die man gerne hören möchte. Auch Sokrates hat oft recht manipulative Fragen gestellt, deren Antworten er selbst längst kannte. Doch da war noch etwas Weiteres dabei: Sein Satz "Ich weiss, dass ich nicht weiss" macht den Unterschied: Eben weil es ihm bewusst war, wie viel er nicht wusste, fragte er weiter und weiter und leitete damit seine Gesprächspartner dazu an, ihre Meinungen kritisch zu überprüfen. Und genau dies ist es, was wir beim Philosphieren mit Kindern oder auch im Freundeskreis mit Erwachsenen tun sollten: von rasch vorgebrachten ersten Meinungen durch kritisches Hinterfragen und stichhaltiges Begründen zu erweitertem Verständnis zu gelangen. Miteinander die Begriffe und Argumente untersuchen, sie vielleicht bestätigen, mitunter auch verwerfen, wenn sie sich als zu unscharf erwiesen haben ... weiter denken, selber denken, weil auch wir wissen, dass es noch so Vieles gibt, das wir nicht wissen, aber eben wissen sollten, oder wissen wollen - wie die Kinder!
Wie kann man als Eltern oder Lehrperson diese Kunst lernen?Kinderphilosophie ist nicht Fachphilosophie! Aber beide nutzen dieselben "Techniken" oder Werkzeuge: Sie untersuchen Fragen, die sie brennend interessieren - selbst wenn es vermutlich nie eine einzige Letztantwort dazu gibt. Mit denselben Werkzeugen untersuchen Wissenschaftler*innen und Schulkinder auch Fragen, bei denen man ganz viel wissen kann: Wie geht das? Was ist das? Wie macht man das? Wie nennt man das? Warum? Wieso? Weshalb? Aber dann gibt es da noch die grosse, die philosophische Frage: Wozu? Wozu soll etwas gut sein? Was ist der Sinn davon? Und darauf wird es im Leben immer wieder neue (vorläufige) Antworten geben müssen, um die wir uns philosophierend drehen - so lange, bis wir jeweils eine momentan überzeugende Meinung gefunden haben, die uns hilft, Entscheidungen zu treffen, zu handeln im Hier und Jetzt. Wie Sie sich als "Laien-Philosoph*in" mit den Methoden des Philosophierens (mit kleinen oder auch grösseren Kindern) vertraut machen können, das habe ich in meinem Büchern anhand vieler Beispiele zu zeigen versucht. Vor allem im noch lieferbaren dritten Buch "Selber denken macht schlau" schildere ich ausführlich das Vorgehen, wie ich es den Studierenden an der PHTG und in vielen Elternkursen vorgestellt habe.
Wie die angehenden Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen die Methode nach einem Semester mit Kinderphilosophie anwenden sollten, können Sie hier im Detail erfahren: Anleitung für den Praxisversuch zum Philosophieren mit Kindern Viele sehr schöne, ausführliche Gespräche sind durch die Jahre dabei herausgekommen. Mit einem weiteren Klick können Sie hier solche Beispiele nachlesen. Als Eltern oder Grosseltern werden Sie kaum so intensive Vorbereitungen betreiben, aber ich denke, dass sich viele Ideen für Gespräche mit den eigenen Kindern oder Enkeln bei den Studierenden und ihren Erfahrungen in der Praxis abschauen lassen. Viel Freude beim Reinlesen! |
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